Die sehr gelungene Ausstellung ist jetzt seit Mittwoch, 3.5.2017 in der Praxis Dr. Greilich in Kleinlinden zu sehen. Schülerinnen und Schüler der Brüder-Grimm-Schule in Gießen-Kleinlinden setzen sich darin mit dem Thema „Flucht“ und „Fluchtursachen“ auseinander.
Die Exponate sind beeindruckend in ihrer Aussagekraft.
Die Praxis war während der Vernissage mit gut 80 Personen gefüllt. Schülerinnen und Schüler, Eltern, Freunde, Kolleginnen und Interessierte staunten und sprachen über die sehr unterschiedlichen Exponate.
Während der Reden standen einige sogar vor der Praxis und fanden keinen Einlass mehr.
Martina Lennartz in ihrer Begrüßungsrede :„Unsere Kinder und Schüler begegnen täglich dem Thema relativ unreflektiert. Wir haben Flüchtlingskinder an der Schule, die die deutsche Sprache lernen wollen und müssen. Wir kennen ihre Geschichte nicht wirklich. Wir sehen Flüchtlinge in allen Medien und werden mit zunehmenden Vorurteilen und rechtspopulistischen Parolen konfrontiert.
Und bei all dem stellen wir fest:
• Auf der Strecke bleiben immer die Kinder,
• das größte Leid erleben immer die Kinder,
• alleine mit ihren Gefühlen bleiben eher die Kinder.
Aus diesen Gründen haben wir im 7. Jahrgang das Buch „Im Meer schwimmen Krokodile“ gelesen. Ein afghanischer Junge reist alleine nach Europa bis er in Italien einen Autor kennen lernt, der seine Lebensgeschichte niederschreibt. Eine herzerweichende Geschichte.
Zu einer der Aufgaben des Lesetagebuches, was ich dazu erstellte, gehörte es, sich mit einem Flüchtlingskind in unserer Schule zu unterhalten.
Ich habe jetzt im Kunstunterricht eine weitere Möglichkeit gesucht und gefunden, die Gedanken und Bilder der Schülerinnen und Schüler im Kopf im wahrsten Sinne auszulassen und festzuhalten.
Um die Kinder nicht unter Druck zu setzen oder sie zu überfordern, habe ich das Thema „Flucht“ völlig frei assoziieren lassen.
Flucht vor dem Notendruck, Flucht vor Feuer im Wald oder Flucht vor den Kriegen und der Not. Sehnsucht, Abschiebung, Barrieren und Einsamkeit spielen dennoch in vielen Bildern eine Rolle.
Ich freue mich sehr, dass ich heute die Bilder vorstellen darf und ich freue mich außerordentlich, dass diese bis zum Sommer hier hängen bleiben dürfen.
Ich wünsche den Betrachtern, dass es ihnen gelingen möge, einige Emotionen der Kinder spüren zu können.“
Drei Klassen sind mit ihren Werken an der Schau beteiligt.“
Der Gießener Anzeiger veröffentlichte heute einen Artikel von Heiner Schultz, was nicht besser formuliert werden kann. Hier ein großer Ausschnitt:
„Grafikdesigner Hans-Michael Kirstein zeigte sich in seiner Einführung ebenfalls erfreut. „Die Schüler sind zu sehr symbolhaften Kunstwerken und großer gestalterischer Vielfalt gelangt“, sagte er. „Im Grunde ist es eine szenische Reflektion dessen, was überall vor sich geht.“ Er schloss: „Es ist ihre Welt, in die sie kleine Merksteine der Veränderung setzen.“
Tobias Kohl setzt sein „Spuren der Flucht“ mit aufwendiger formaler Vielfalt anrührend um: Acrylmalerei, ergänzt um Sand und Spuren, die von Blut zu stammen scheinen. Keines der Bilder strahlt reine Heiterkeit aus, doch kamen manche Kinder auch zu hoffnungsvollen Bildern. Louis Horvath und Nino Massuch erarbeiteten jeweils das Thema „Der Der Fluchtweg“ und präsentieren eine düstere Kriegswelt und demgegenüber eine friedliche, freundliche erscheinende Hälfte. Der Clou: sie verbinden ihre Arbeiten mit einer kleinen Brücke aus Pappe, die über den beiden Welten trennenden Fluss führt. Auch Paul Dreysse zeigt ein Doppelformat. In „Überall Krieg“ sieht man zwei Kindergestalten, die in einer flammenden Hölle getrennt werden. Es ist auch ein gutes Beispiel für die ungewöhnliche Ausdruckskraft, die in vielen Arbeiten zu spüren ist. Paul Dreysse findet zu zwar kindgerechter, aber zugleich unübersehbarer Wirkung und lässt vor allem sein Inferno malerisch so expressiv lodern, dass es einem grausen kann. Andere Arbeiten spielen mit zusätzlichen Materialien wie Drahtgewebe, die Anschaulichkeit mancher Arbeiten ins Greifbare erhöht. Man staunt, wie viel Grauen und Unheil in den kleinen Köpfen wohnt – und wie viel Kreativität.“
Musikalisch untermalt und begleitet wurde die Vernissage von Tasso Hitschmann am Klavier, der passende Stücke herausgesucht hat, wie zum Beispiel „Imagine“ von den Beatles und sie gekonnt präsentierte.
Ich bedanke mich noch mal explizit bei Ursula Greilich, auf deren Einladung diese Ausstellung erst möglich ist, vielen Dank an deinem Interesse an Bildern von Schülerinnen und Schülern. Herr Dr. Greilich, herzlichen Dank, dass wir dafür die Arztpraxis verwenden dürfen, liebe Schülerinnen und Schüler – ohne euch hätten wir nichts zu bestaunen, bewundern und zum Nachdenken.
Noch bis Sommer des Jahres sind die Arbeiten in der Praxis Greilich in Kleinlinden in der Waldweide 5 zu den üblichen Öffnungszeiten zu sehen.
Martina Lennartz (05.Mai 2017)/